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SPY – IM GESPRÄCH MIT REGISSEUR PAUL FEIG, MELISSA MCCARTHY UND RICK KAVANIAN

 SPY – SUSAN COOPER UNDERCOVER
KEINE NACKTE KANONE, SONDERN GROTESKER AGENTENSPASS IN ROSA 

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Anlässlich dieses Spy-Movies der etwas anderen, aber extrem unterhaltsamen Art haben wir uns in Berlin mit Regisseur Paul Feig, der GILMORE GIRLS-erfahrenen Melissa McCarthy und „unserem“ sympathischen Rick Kavanian unterhalten. Dabei natürlich auch ein Thema: der neue GHOSTBUSTERS, in den Paul Feig und Melissa McCarthy ja schon sehr involviert sind …

 

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PAUL FEIG (REGISSEUR)

DEADLINE: SPY ist auf der einen Seite eine Komödie, aber auf der anderen auch ein ernsthafter Spionagefilm.

 

Paul Feig: Ja, ich liebe das Spionagegenre. Ich mag auch AUSTIN POWERS, aber so einen Film wollte ich nicht machen. SPY soll die Leute zum Lachen bringen, aber gleichzeitig soll er auch ernsthafte Figuren anbieten. Er sollte Action und Spaß haben, ohne aber albern zu sein. Die Arbeit beim Schneiden ist hier sehr wichtig, um zu entscheiden, was drin bleibt und was rausfliegt. Da gibt es teilweise gute Witze, die aber trotzdem raus müssen, um das Gleichgewicht des Films nicht zu zerstören.

 

DEADLINE: Nach langer Zeit hast du hier auch wieder mal ein Drehbuch verfasst.

 

Paul Feig: Ja, ich wollte schon immer mal einen James-Bond-Film machen, vor allem als SKYFALL rauskam, aber sie lassen mich nicht, für sie bin ich nur ein Komödien-Regisseur. (lacht) Also habe ich meinen eigenen Spionagefilm gedreht.
Ich wollte einen weiblichen Protagonisten, da ich mich in dem Metier ganz gut auskenne und das noch nicht so oft gemacht wurde, und damit mein – hoffentlich – eigenes Franchise erschaffen. Ich wollte jemanden haben, der sich echt anfühlt und trotzdem witzig ist. Beim Schreiben hatte ich immer Melissa im Hinterkopf, da wir so viel zusammenarbeiten. Als ich gehört habe, dass sie interessiert war, musste ich sie haben.

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DEADLINE: Mir sind drei Bezugnahmen auf andere Filme aufgefallen: FACE/OFF, THE SHINING und Jaws aus den James-Bond-Filmen.

 

Paul Feig: Ja, ich wollte das einbauen, es aber auch nicht übertreiben, denn vor allem auf dem internationalen Markt verstehen die Leute diese Zitate oft nicht. Aber diese hier stammen aus dem Genre und passen daher sehr gut. Es war sehr witzig zu denken, dass jemand eine FACE/OFF-Maschine für real halten könnte, vor allem wenn es sich dabei um Jason Statham handelt. (lacht) Dem Studio war es zunächst zu albern, aber wir haben es passend integriert, und Jasons Charakter passt einfach dazu.

 

DEADLINE: Hattest du schon beim Schreiben Jude Law und Jason Statham im Kopf?

 

Paul Feig: Jason ja, denn ich kenne die CRANK-Filme und weiß, wie witzig er sein kann. Wir hätten nicht gedacht, dass wir Jude Law bekommen könnten, ich meine, er müsste der echte James Bond sein! Er war aber selber an der Rolle interessiert, und natürlich wollten wir ihn. Er ist außerdem ein großartiger Martial Artist und hat fast alles selbst gemacht. Mit Jason habe ich mich im Vorfeld getroffen, da ich nur mit Leuten arbeite, die auch umgänglich sind. Er war supernett, und so wollte ich ihn. Er war zu Beginn ein bisschen nervös, da er sich nicht lächerlich machen wollte, aber als er seine Rolle verstanden hatte, war er dabei und schlug sogar selber immer mehr, immer witzigere Elemente vor.

 

DEADLINE: Für eine Komödie ist SPY recht brutal.

 

Paul Feig: Ja, die Gefahr sollte sich real anfühlen. Gefahr in einem lustigen Film führt zu grotesken Situationen, die sogar noch lustiger sein können, aber eben auch noch eine gewisse Ebene zum Film hinzufügen.

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DEADLINE: Du arbeitest nun schon zum dritten Mal mit Melissa McCarthy zusammen.

 

Paul Feig: Ja, weil sie großartig ist. Leute wie sie, zum Beispiel auch Steve Carell, sind auf den Erfolg vorbereitet und wachsen noch mehr mit ihm. Sie sind keine One-Hit-Wonders. Und Melissa ist immer dieselbe süße und liebenswerte Person geblieben.

 

DEADLINE: Wie sehr sind für dich Regie und Drehbuch verbunden?

 

Paul Feig: Sie sind nicht voneinander zu trennen. Zuerst muss man eine gute Geschichte erzählen, erst dann geht es an die Umsetzung, die Witze, die Besetzung und so weiter. Das Skript ist die Seele des Films.

 

DEADLINE: Als der neue GHOSTBUSTERS mit Frauen anstatt Männern angekündigt wurde, musstet ihr euch sehr viel Kritik anhören.

 

Paul Feig: Ja, am Anfang waren alle begeistert von der Idee eines neues Teils. Dann kam der Shitstorm. Ich komme damit klar, wenn jemand partout kein Remake will, das respektiere ich. Aber den Film als „Girlbusters“ zu beschimpfen, das ist Kinderkram, dafür habe ich kein Verständnis. Und das Cast ist großartig, es sind die witzigsten Frauen, die es gibt.

 

DEADLINE: Wird es einen Cameo von Sigourney Weaver geben?

 

Paul Feig: Lasst euch überraschen. (grinst verschmitzt)

 

DEADLINE: Wir sind gespannt, vielen Dank für das Interview!

 

 

 

MELISSA MCCARTHY (SCHAUSPIELERIN, SUSAN COOPER)

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DEADLINE: Wirst du dich in deiner Arbeit oder persönlich noch sehr verändern?

 

Melissa McCarthy: Nein, das glaube ich nicht. Bevor es mit der Schauspielerei geklappt hat, habe ich verschiedenste Jobs gemacht, um über die Runden zu kommen und dafür zu kämpfen, da hinzukommen, wo ich heute bin. Ich bin jetzt sehr gefestigt, in jeglicher Hinsicht, auch mit meiner Familie und vor allem mit meinen Kindern, die mich sehr in Anspruch nehmen. Ich wäre wohl zu müde, mich jetzt noch verändern zu wollen.
Ich arbeite vor allem mit Leuten, die ich sehr mag, wie mit Paul Feig und mit meinem Mann. Das erleichtert die Arbeit wirklich sehr. Jeden Tag habe ich aufs Neue das Gefühl, gesegnet zu sein.
Aber es ist wirklich harte Arbeit, nicht nur Glück, auch wenn es immer ein bisschen dazugehört. Ich habe jahrelang auf der Bühne gestanden, ohne wirklich etwas dafür zu bekommen. Aber ich hatte mir gesagt, dass es, auch wenn sich das nie ändern würde, in Ordnung wäre, da ich es gerne mache. Natürlich war auch der finanzielle Erfolg nicht von Nachteil, da ich weiter das machen konnte, was ich liebte, ohne aber parallel meine drei anderen Jobs zu machen.
Jetzt kann ich mir meine Rollen wirklich aussuchen und sie sogar mit verändern.

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DEADLINE: Was für Nebenjobs hast du früher gemacht?

 

Melissa McCarthy: Oh, alles Mögliche. Ich habe mit Austern gearbeitet, aber das hat meine Hände zerstört, und ich musste aufhören. Dann hatte ich einen Job, bei dem wir zu siebt auf einem Bett in einem Hotelzimmer saßen, jeder mit einem Telefon bewaffnet. Dann gab man uns je ein Telefonbuch und sagte uns einen Buchstaben, und wir mussten alle Leute abtelefonieren. Ich konnte nicht fassen, wie dumm das war. Ich habe auch in unzähligen Restaurants und bei Starbucks gearbeitet und Babysitting gemacht.
Dabei habe ich aber meinen Traum nie aus dem Blick verloren.
Es ist großartig, wenn du eine Rolle überzeugend spielst, die Leute sie dir abnehmen, aber du am Ende immer noch eine eigene Person sein kannst, die du eben nicht der Öffentlichkeit zeigen musst. Diese Trennung ist nicht einfach, aber etwas sehr Wichtiges und ein Privileg, welches wir Schauspieler, die wir immer beurteilt und bewertet werden, haben.

 

DEADLINE: Sieben Staffeln lang warst du ein Teil der GILMORE GIRLS, wie sehr hat dich diese Serie beeinflusst?

 

Melissa McCarthy: Ja, sieben Jahre sind eine lange Zeit. Ich habe die Show sehr gemocht, sie hatte ein gutes Tempo, war aber sehr harte Arbeit, viele Dialoge. GILMORE GIRLS hat meine Arbeitsmoral sehr geprägt. Wir mussten genau am Skript bleiben, welches manchmal von einem Moment auf den anderen geändert wurde und trotzdem sitzen musste. Das habe ich der Show zu verdanken.

 

DEADLINE: Wie schreiten die Arbeiten an dem neuen GHOSTBUSTERS voran?

 

Melissa McCarthy: Wir haben gerade in Atlanta gedreht, jetzt sind wir hier, und dann geht es wieder zurück, immer mit der ganzen Familie im Schlepptau, ausgenommen der Hund, der leider zu alt für solche Strapazen ist. Mir macht es nichts aus, viel zu arbeiten, aber ich bin wirklich kaum zu Hause.

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DEADLINE: Würdest du gerne ernsthaftere Rollen spielen?

 

Melissa McCarthy: Ja, aber das habe ich auch schon sehr oft getan, damals auf der Bühne spielte ich fast nur ernsthafte Charaktere. Zuerst habe ich Stand-up-Comedy gemacht, aber dann für die längste Zeit Theater.
Vielfältigkeit bringt Spaß.

 

DEADLINE: Wie war die Arbeit mit Jude Law und Jason Statham?

 

Melissa McCarthy: Sie sind beide traumhaft und so gut, was ja aber aufgrund ihrer bisherigen Filme kaum verwundert. Sie sind für alles zu haben und versuchen nie, sich von dir zu distanzieren. Du kannst alles zu Jason in einer Szene sagen, und er wird immer sofort darauf reagieren, er steckt so sehr in seinem Charakter. Je näher er mir kam, umso mehr musste ich mich zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Und dann war da noch unser Regisseur, Paul Feig, der immer Sachen reinrief, die wir sagen sollten. Es war eine sehr spaßige Atmosphäre auf dem Set. Paul ist immer für Improvisation. Er kommt mit Post-its an den Fingern aufs Set und fragt dann, welche von den darauf geschriebenen Zitaten wohl gerade am besten passen könnten. Paul ist immer zu hundert Prozent „Mach, was du willst!“.
Wenn man einmal so gearbeitet hat, will man nicht mehr anders arbeiten, denn so ist es ein lebender, funktionierender Organismus und kein enges Korsett. Ich denke, das spürt man auch, wenn man den Film sieht.

 

DEADLINE: Vielen Dank für das Interview!

 

RICK KAVANIAN (SYNCHRONSPRECHER, ALDO)

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DEADLINE: Wie bist du an deine Synchronrolle in SPY gekommen?

 

Rick Kavanian: Das war die Idee vom Boss von Fox, der hat den Film gesehen und hatte dann diese Idee. Das ist zumindest die Legende. (lacht) Das war eine Arbeit, die ich sehr geschätzt habe, zumal ich den Synchronregisseur sehr gut kannte und wir sehr viel gelacht haben im Studio.

 

DEADLINE: Wie viel Aldo steckt in Rick?

 

Rick Kavanian: Oh, das kann ich gar nicht sagen. Ich finde, er kommt so komisch rüber, da er einfach Sachen macht, die man nicht erwartet, nicht nur so klischeehaftes Zeug. Ich muss da jedesmal lachen. Der Serafinowicz ist wirklich toll!

 

DEADLINE: Wie ist er denn im Original?

 

Rick Kavanian: Von der Stimmlage her sind wir ähnlich. Und vom Humor ist sehr viel erhalten geblieben, was ja bei unserer Arbeit immer sehr wichtig ist. Ab und an darf man aber auch mal ausbrechen.

 

DEADLINE: Wie waren bisher die Reaktionen auf deinen Part im Film?

 

Rick Kavanian: Ich durfte den Film vorgestern mit meiner Frau, meinem Schwager und seiner Freundin sehen, und meine Frau hat mir ein sehr schönes Kompliment gemacht – was sie mir nicht immer macht: „Ich habe sehr schnell vergessen, dass du das synchronisierst.“ Und das ist für mich immer das größte Lob, denn hier geht es ja nicht um mich, sondern um einen Beitrag, der für die Rolle geleistet wird. Wenn man mich schnell vergisst, dann ist das gut. Zur Vorbereitung hatte ich einen Italienisch-Coach zur Seite, der mich da viel unterstützt hat, ich spreche ja selber leider kein Italienisch.
Jason Statham hat mich vorhin gefragt, wie er denn im Deutschen klänge, und da habe ich ihn beruhigt und ihm gesagt, dass er sehr gut klänge. Die Leute um SPY sind wirklich alle sehr nett.

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DEADLINE: Fließt in deinen Adern auch das Blut eines Spions?

 

Rick Kavanian: Nein, auch wenn ich Spionage und diese ganzen 60er-, 70er-Jahre-Filme und -Serien sehr spannend finde. Die PINK PANTHER-Filme mit Peter Sellers habe ich gemocht. Genauso wie heute die ganze BOURNE-Reihe. In meinem Elternhaus hieß es aber immer, dass man seine Nase nicht in fremde Angelegenheiten stecken sollte.

 

DEADLINE: Unterscheidet sich die Synchronarbeit an einem Animationsfilm von der an einem Realfilm?

 

Rick Kavanian: Mittlerweile überhaupt nicht mehr. Dadurch, dass die Animationen und damit die Gesichter der Figuren so real animiert sind, muss man da schon sehr präzise sein. Früher hat das noch etwas geklappert, und man konnte mehr improvisieren, aber das ist heute überhaupt nicht mehr so. Von der Intensität und Genauigkeit ist es für mich ein und dasselbe.

 

DEADLINE: Für welches Publikum ist der Film gemacht? Für eine Komödie ist er ja doch recht brutal.

 

Rick Kavanian: Ja, das stimmt. Ich bin da auch immer sehr vorsichtig. Aber ich finde, in SPY wird das gut aufgefangen und gleich anschließend aufgelockert oder ins Groteske gezogen. Also bei Tarantinos DJANGO musste ich manchmal weggucken …

 

DEADLINE: Was reizt dich besonders an der Synchronarbeit?

 

Rick Kavanian: Der Fokus auf der Stimme, auf diesem einen Element. Mit einem guten Team etwas zu synchronisieren und in einen Rhythmus reinzukommen ist unglaublich fantastisch, eine Mischung aus etwas Maschinellem und Spaß. Wenn ich dann abends nach Hause komme, merke ich, dass es mich erfüllt. Aber ich liebe auch die Arbeit vor der Kamera, wenn ich mich verkleiden und eine Rolle spielen kann. Aber es ist tatsächlich ein anderer Beruf.

 

DEADLINE: Was gibt dir als Künstler mehr, die Arbeit auf der Bühne oder vor der Kamera?

 

Rick Kavanian: Die Bühne kam bei mir erst später dazu, 2005. Ich wollte mal sehen, wie das ist, ohne Kostüm zu spielen, und diese Unmittelbarkeit erleben. Als Künstler lernt man dabei sehr viel, was man vor der Kamera nicht erlernt. Allerdings profitiert man dort wiederum auch von seiner Arbeit mit der Kamera. Genauso wie die Spontaneität, die man beim Radio lernt. Für mich ist das alles Teil meines Berufs. Ich finde es sehr spannend, immer etwas einzubringen, was man hier oder da gelernt hat. Dieser Beruf hört nicht irgendwo auf. Manchmal mache ich Dinge, von denen ich glaube, sie schon zu kennen, aber dann kenne ich sie anscheinend doch nicht. Ein Fass ohne Boden, was die Arbeit aber so interessant macht.

 

DEADLINE: Vielen Dank, Rick, für das Interview.

 

Interviews von Leonhard Elias Lemke im Mai 2015 in Berlin geführt.

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