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Regie: Adam Wingard / USA, Australien, Kanada, Indien 2021 / 113 Min.

Darsteller: Alexander Skarsgård, Millie Bobby Brown, Rebecca Hall, Brian Tyree Henry, Julian Dennison, Kaylee Hottle, Kyle Chandler

Produktion: Jon Jashni, Alex Garcia

Freigabe: FSK 12

Verleih: Warner

Start: 01.07.2021

 

 

„You’re gonna need a bigger boat!“ Der legendäre, von Roy Scheider improvisierte Satz aus Steven Spielbergs Horrorklassiker JAWS (1975) bringt exakt jene resignierende Ehrfurcht auf den Punkt, in der man realisiert, dass man der Lage nicht gewachsen ist. Als Warner Bros. sich im Sommer 2020 mutig dazu entschlossen, mit Christopher Nolans TENET den ersten mid-pandemischen Big-Budget-Film trotz der schwierigen weltweiten Situation in die geöffneten Lichtspielhäuser zu bringen, war das eine ehrenhafte Mission und ein starkes Zeichen. Für die schwer leckgeschlagene Kinobranche avancierte TENET zum potenziellen Rettungsboot. Allein, die Signalwirkung blieb aus. Nolans Film ist zwar audiovisuell genial innovatives Futter für die Sinne, jedoch in seiner Erzählung und Thematik zu verkopft und zu sperrig, um Mainstream-Blockbuster-Größe zu erreichen. Der Film trug von Beginn an eine Bürde, die er nicht stemmen konnte. „You’re gonna need a bigger movie!“, wollte man Warner verzweifelt flehend zurufen.

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Nun, im Sommer 2021, kehrt das Kino zurück. Nach acht Monaten Zwangsschließung erhebt sich das Lichtspielhaus aus den Trümmern eines katastrophalen Jahres und befreit sich aus den unbarmherzigen Klauen eines langen, kalten Corona-Winters. Es schüttelt den Staub aus den Kinosesseln wie Morgentau und öffnet energisch die Leinwand-Vorhänge wie zu lang geschlossene Augenlider. Es atmet den puren Duft nach eskapistischer Befreiung, während frische Film-DNA im Projektor wie Blut zirkuliert. Es lässt uns ebenso träumen wie staunen und überwältigt uns mit seiner überbordenden Kraft großer Emotionen. Der Zauber und die Magie des Kinos sind ungebrochen, und Warner sorgt in diesem Sommer der Wiederauferstehung mit leinwandsprengendem Monster-Clash für das ganz große Blockbuster-Feuerwerk. Als wolle man auf den letztjährigen stummen Schrei der Lichtspielhäuser antworten: „Now you’re gonna need a bigger screen!“

Adam Wingards GODZILLA VS KONG ist dann auch exakt der sensationelle Effekte-Bombast, der das Kino nicht nur wiederbelebt, sondern zudem vibrierendes Adrenalin durch dessen Adern pumpt.

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Vier Jahre ist es nun her, seit Godzilla zuletzt martialisch aufgetreten ist und gegen den mächtigen King Ghidorah und dessen Titanen kämpfte. Seither ist es friedlich, bis die Riesenechse eines Tages scheinbar grundlos eine Forschungsanlage des „Apex Cybernetics“-Konzerns angreift und zerstört. Der Godzilla-Podcaster und technische Mitarbeiter der Anlage, Bernie Hayes (Brian Tyree Henry), geht der Sache gemeinsam mit der Titanen-Krieg-Überlebenden Madison Russell (Millie Bobby Brown) und ihrem skeptischen Kumpel Josh (Julian Dennison) auf den Grund. Gleichzeitig versuchen der Wissenschaftler Nathan Lid (Alexander Skarsgård) und King-Kong-Expertin sowie -Betreuerin Ilene Andrews (Rebecca Hall), den gigantischen Gorilla zum Mittelpunkt der Erde zu bringen, wo sie seine Heimat und den Ursprung der Titanen vermuten. Mit an Bord befindet sich zudem das kleine taubstumme Mädchen Jia (Kaylee Hottle), das eine besonders innige Beziehung zu King Kong aufgebaut hat. Als das Team Kong per Schiff über den Ozean in die Antarktis zum Tor, das zum Erdkern führt, bringt, kommt es auf offener See zur ersten Schlacht der beiden Giganten. Der Krieg darum, wer das einzig wahre Alphatier unter den Titanen ist, hat damit jedoch erst begonnen.

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GODZILLA VS KONG ist der vierte Film aus Warners Monster-Universum, dem 2014 GODZILLA (Regie: Gareth Edwards), 2017 KONG: SKULL ISLAND (Jordan Vogt-Roberts) und 2019 GODZILLA 2: KING OF THE MONSTERS (Regie: Michael Dougherty) vorangingen. Hier kulminieren die beiden wohl ikonischsten Monster der Filmgeschichte, deren bisheriges Auftreten in den genannten Filmen unterschiedlicher nicht sein kann. Während Edwards es schaffte, seinem GODZILLA die fiebrige Aura einer apokalyptischen Götterdämmerung zu verleihen, wurde Vogt-Roberts‘ KONG: SKULL ISLAND zum maximal unterhaltsamen Abenteuer-Monster-Clash der alten Schule. Dougherty wählte für seinen Titanen-Krieg dann die wohl schlechteste Taktik und nervt mit Dauer-Expositionen und Kalendersprüche aufsagenden Klischeefiguren. Zudem ist die Vielzahl an Monstern reine Augenwischerei, wenn man diese eben nur halbgar kämpfend zu Gesicht bekommt, da der Blick darauf permanent kaschiert oder getrübt ist. Wenn man hier die uninteressanten Figuren ständig nur über die Titanen reden hört und diese dafür weniger sieht, macht sich bei 132 Minuten Laufzeit schnell Langeweile breit.

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Nach dem Motto „show, don’t tell!“ hat sich Genreregisseur Adam Wingard (YOU’RE NEXT, THE GUEST) ebendas auf die Fahne geschrieben und liefert mit seinem GODZILLA VS KONG den kürzesten Beitrag des Monster-Universums ab. Für ihn ist weniger mehr, und er hat kein Interesse, einen Drei-Stunden-Film zu drehen. In einem Interview stellte er fest, dass es hier dann nicht etwa eine Extrastunde an Monster-Kämpfen gäbe, sondern eine Extrastunde, wie Menschen darüber sprechen. Recht hat er, der Fokus liegt auf den gigantischen Ungeheuern!

Umso ökonomischer wirkt dann auch seine Inszenierung, wenn es gleich von Beginn an ordentlich kracht, die Prämissen dabei schnell erklärt sind und der Fan endlich genau das bekommt, was er sich schon seit drei Filmen wünscht: riesige Monster, die sich gut sichtbar eine Schlacht der Superlative liefern und dabei allerhand urbane Kollateralschäden verursachen. Tricktechnisch ist das hier pure Brillanz und absolut State of the Art. Der Kampf auf dem offenen Meer ist trotz vieler Unterwasserszenen immer genau zu erkennen und zu verfolgen. Hier, wie auch bei allen anderen Kampfsequenzen, ist die Kamera keineswegs statisch, sondern stets Teil der Actionchoreografie: Sie wirbelt herum, steht auf dem Kopf und sorgt für eine kinetische Dynamik, die eine mitreißende Wucht entwickelt, ohne unübersichtlich oder gar hektisch zu wirken. In beeindruckender Zeitlupenästhetik, mit rhythmisch vorantreibendem Score und wummerndem Soundteppich vermengt sich schließlich die ganze audiovisuelle Perfektion. Dabei werden von Beginn an auch Szenen und Momente etabliert, die in all dem Actiongewitter plötzlich Stille einkehren lassen. Augenblicke des Innehaltens, des Luftholens, des Fokussierens auf das, was wirklich zählt: Vertrauen und Bindung. Die Beziehung zwischen King Kong und dem kleinen taubstummen Mädchen Jia zieht sich wie ein roter Faden durch den Film und sorgt immer wieder für leise, aber umso emotionalere Wirkungstreffer. Vertraute Kommunikation, liebevolle Gesten und kleine, zärtliche Berührungen sind der Nährboden, auf dem die Saat in Form der Bindung des Zuschauers an die titelgebenden Monster in den packenden Duellen vollends aufgeht. Man fühlt mit, wenn es zwischen den gigantischen Alphatieren brenzlig wird und eine dritte Gefahr zudem für dramatische Augenblicke sorgt, was im 18-Minuten-Dauerfeuer- und Herzschlagfinale zu hochgejazzten Gänsehautmomenten führt.

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Der gesamte Handlungsbogen über die Reise zum Erdkern, Kongs Suche nach seinem Zuhause und dessen Verbundenheit zu dem Mädchen ist dramaturgisch gut eingewoben. Hier entstehen nicht nur kleine Jules-Verne-Vibes, sondern auch visuell wird für grandioses Augenfutter gesorgt. Beim Eindringen des Wissenschaftler-Teams in den Erdkern wird die Gravitation umgekehrt, und so entstehen fluoreszierend-surreale Science-Fiction-Bilder, die ein wenig an die marklose optische Eleganz von TRON LEGACY erinnern. Später sorgt dies in Verbindung mit einer entfesselten Kamera für Momente leichter Poesie, wenn Kong die zweite Erde erkundet und dabei schwerelos erscheint.

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Während in diesem Story Arc visuelle Glanzpunkte gesetzt werden und es zudem die Geschichte vorantreibt, versagt der Handlungsstrang rund um die Erkundungen im „Apex Cybernetics“-Konzern leider auf ganzer Linie. Nicht nur, dass die Figur des Verschwörungstheoretikers und Podcastlers Bernie Hayes sowie der Charakter Josh extrem nervtötend sind und deren gesamte Handlung für den Verlauf des Films vollkommen irrelevant ist, so birst diese Geschichte auch vor unglaubwürdigen Ereignissen. Zum ausbremsenden Comic-Relief degradiert, chargieren sich Bryan Tyree Henry (BEALE STREET) und der tragische DEAPOOL 2-Bösewicht Julian Dennison durch sämtliche Drehbuchkapriolen, narrative Autsch-Momente und strapazieren mit redundanten Klischees die Geduld des Zuschauers. Da kann einem STRANGER THINGS-Star Millie Bobby Brown fast ein wenig leidtun, wenn diese doch nur mehr zustande bringen würde, als lediglich abwechselnd schockiert und erbost in die Kamera zu gucken.

Auf der anderen Seite muss gesagt werden, dass sich auch Rebecca Hall und Alexander Skarsgård nicht gerade mit Ruhm bekleckern und lediglich im Autopilot-Modus spielen. Einzig Kaylee Hottle, die auch im realen Leben taubstumm ist und hier ihr Langfilmdebüt gibt, überzeugt als King-Kong-Flüsterin und verleiht dem Film einfach jede Menge Herz.

Am Ende verzeiht man GODZILLA VS KONG seine erzählerischen Ausrutscher sowie die nervigen Figuren und sieht über die verschwendete Zeit beim Nebenhandlungsstrang der Figuren im „Apex Cybernetics“-Konzern hinweg. Zu viel ist hier einfach als vollkommen gelungen zu bewerten: die tricktechnische Perfektion, die audiovisuelle, rhythmisch pulsierende Strahlkraft und die grandios unterhaltsamen, wuchtigen Zerstörungsorgien DER beiden Monster-Ikonen der Filmgeschichte. (Daniel Gores)

GODZILLA VS KONG lässt das Kino erbeben. Pflichtprogramm!

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Regie: Adam Wingard / USA, Australien, Kanada, Indien 2021 / 113 Min.

Darsteller: Alexander Skarsgård, Millie Bobby Brown, Rebecca Hall, Brian Tyree Henry, Julian Dennison, Kaylee Hottle, Kyle Chandler

Produktion: Jon Jashni, Alex Garcia

Freigabe: FSK 12

Verleih: Warner

Start: 01.07.2021