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STAR TREK: BEYOND – DAS PRO- UND KONTRA-REVIEW

Regie: Justin Lin / USA 2016 / 120 Min.

Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Karl Urban, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin, Idris Elba, Sofia Boutella

Produktion: J. J. Abrams

Verleih: Paramount

Freigabe: FSK 12

Start: 21.07.2016

 

DANIEL GORES MEINT:

 

„(…) Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne (…)“ Hermann Hesses Gedicht STUFEN handelt von der Notwendigkeit des steten Neubeginns und der Gefahr der Monotonie und Stagnation. Als STAR WARS – DAS ERWACHEN DER MACHT- Mastermind J. J. Abrams das STAR TREK-Franchise im Jahre 2009 auf null setzte und die legendäre TV-Serie auf der großen Leinwand einer Frischzellenkur unterzog, war das ganz großes, magisches Blockbusterkino. Die Ingredienzien Humor, Epik, Gefühl, Spannung und große Bilder waren perfekt aufeinander abgestimmt und fügten sich zu einem wirklich tollen Reboot, welches die ikonischen Figuren von früher für die nächste Generation etablierte, ohne Fans der ersten Stunde vor den Kopf zu stoßen.

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“(…) Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten (…)“, heißt es weiter in Hesses Versen. In Abrams‘ 2013er-Sequel STAR TREK INTO DARKNESS folgte der Spielberg-Fan dem Hollywood’schen Gedanken „höher, weiter, schneller“ und schuf noch atemberaubendere Bilder, noch mehr emotionale Wucht und spielte mit der Figur des berüchtigten Khan nicht nur perfekt mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer, sondern gab dem grandiosen Benedict Cumberbatch eine große Bühne für dessen sensationell charismatisches Spiel. Dass er sich dabei dem Fan-Publikum etwas zu sehr anbiederte, geschenkt! Nichts lag also näher, als diesem versierten Mann das volle Vertrauen für weitere Weltraumabenteuer der Enterprise-Crew zu schenken. Als dann der erste Trailer zu STAR TREK BEYOND veröffentlicht wurde, erntete dieser jedoch weitestgehend nur Hohn und Spott: zu bunt, zu albern, zu trashig. Auch der neue Regisseur, FAST & FURIOUS-Serientäter Justin Lin, stieß nicht auf besonders viel Gegenliebe, ebenso wenig wie der im Trailer platzierte Soundtrack (welcher im fertigen Film ebenso für einen negativen WFT-Moment sorgt!). Lin entschuldigte sich anschließend, dass jene bewegten Vorab-Impressionen einfach unglücklich zusammengeschnitten wären und er darauf keinerlei Einfluss habe. In der Tat war der zweite Trailer dann schon eine ganze Ecke epischer und schürte wieder die Hoffnung, dass da etwas ähnlich Großartiges wie die ersten beiden Filme auf uns zukommt. Leider wird diese jedoch nicht erfüllt, und das Endprodukt ist zwar bei Weitem kein Totalausfall, aber halt eben auch Lichtjahre davon entfernt, ein guter Film zu sein. STAR TREK BEYOND verschwindet in den Tiefen der Belanglosigkeit.

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Die Crew der USS-Enterprise ist nun bereits seit drei Jahren auf Mission im Weltall unterwegs, und die Monotonie des Alltags zermürbt den abenteuerlustigen Captain Kirk (Chris Pine) zusehends. Als sie auf einer erdähnlichen Raumbasis der Föderation zwischenlanden, ereilt die Mannschaft ein Hilferuf eines im Sturzflug herabfallenden Wesens, dessen Crew auf einem direkten Nachbarplaneten notlanden musste. Als sich die Enterprise zur Rettung aufmacht, entpuppt sich die Mission allerdings als gefährlicher Hinterhalt des echsenartigen Schurken Krall (Idris Elba), der das legendäre Schiff mithilfe seiner Killerschwadronen zerstört und die Crew um Captain Kirk, Commander Spock (Zachary Quinto), Doctor „Pille“ McCoy (Karl Urban), Lieutenant Uhura (Zoe Saldana) und Montgomery „Scotty“ Scott (Simon Pegg) zur Landung auf dem unwirtlichen Planeten zwingt. Über sämtliche Landstriche verteilt, muss Kirk seine Crew nun wieder zusammensammeln, um die finsteren Pläne des teuflischen Krall zu durchkreuzen.

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„Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen“, heißt es weiter in Hesses STUFEN. Diese Zeilen hätte sich Kultschauspieler und -komiker Simon Pegg (SHAUN OF THE DEAD) hinsichtlich bereits etablierter Figuren und stagnierender Settings lieber mal durchlesen und zu Herzen nehmen sollen, bevor er ein solch rudimentäres, im Gegensatz zu den komplexen Storys der Vorgänger rückläufiges und ziemlich unspektakuläres Drehbuch verfasste. Er hätte sich aber auch einfach an das Credo der TV-Serie halten können, in dem es heißt, dass die Enterprise viele Lichtjahre von der Erde entfernt in Galaxien vordringe, die nie ein Mensch zuvor gesehen habe. Co-Drehbuchautor Roberto Orci versprach unlängst in einem Interview sogar, dass der dritte Teil im klassischen STAR TREK-Universum angesiedelt sei und Abenteuer und Witz im Vordergrund stünden. Was die Geschichte dann letztendlich erzählt, fühlt sich auf den ersten Blick auch tatsächlich wie eine Folge der alten Serie an, und genau das bricht ihr das Genick. Angefangen bei dem Punkt, dass hier erneut weder fremde Welten noch Galaxien erforscht werden. Gleich einem Versprechen, das nie erfüllt wird, spielt sich alles wieder direkt in der Nähe von menschlichen Ballungszentren ab, damit die Gefahr des Bösen letztendlich jederzeit unschuldige Zivilisten bedroht, was beim Zuschauer für intensivere Identifikationsmöglichkeiten und Empathie sorgen soll. Da dies jedoch bereits weitaus spektakulärer und vor allem emotional wuchtiger in STAR TREK INTO DARKNESS zu sehen war, stellt sich hier lediglich ein gelangweiltes Seufzen ob so viel Redundanz und so wenig Einfallsreichtum ein. Auch die Motivation des Antagonisten strotzt nur so vor altbekannter Antriebskraft, und man fragt sich wirklich: Fällt denen tatsächlich einfach nichts Neues mehr ein? Allein der Planet, auf dem die Crew notlanden muss und gefangen gehalten wird, ist ein einziges Nichts aus Steinen. Dass diese teilweise wie billiges Pappmaschee aussehen, mag eine nette Reminiszenz an die alte Serie sein, hat auf der großen Leinwand allerdings einen wenig positiven Effekt, da der Eindruck erweckt wird, dass das Kino für einen so kleinen Film tatsächlich zu groß ist. Man geht mit dem dritten Teil also keine weitere Stufe nach vorne, sondern ganze vier Schritte zurück. Auch sieht man kein bisschen der Flora und Fauna des Planeten, und die einzigen außerirdischen Lebensformen bestehen aus modifizierten, menschenähnlichen Kreaturen, die unterm Strich einfach nur belanglos sind. Mehr Mut zum spleenig Grotesken hätte hier schon einen ganz anderen Reiz gehabt.

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Während die Action des Films im ersten Drittel vor allem audiovisuell überzeugen kann und mit der Zerstörung der Enterprise schlichtweg grandioses Augenfutter bietet, das eine Gänsehaut nach der anderen verursacht (großen Anteil daran hat Oscar-Preisträger und Abrams-Haus-und-Hof-Komponist Michael OBEN Giacchino, dessen Score einfach überlebensgroß ist), so wird das einzige Highlight bereits hier gesetzt. Was dann folgt, ist Standard-Kost, die nicht schlecht ist, aber niemanden mehr aus den Socken haut. Hinzu kommt noch, dass die Schlägereien und Schießereien auf dem Planeten zwar teils von wirklich raffinierten Kameraperspektiven eingefangen, diese jedoch durch hektische Schnittgewitter sowie dunkle Bilder komplett konterkariert werden. Besonders das bereits erwähnte redundante Finale ist eine solch große Enttäuschung, dass man sich mit den letzten Stakkato-Klängen der hektisch unübersichtlichen Raumschiff-Ballerei ernsthaft fragt, wie wenig mitreißend und lieblos man einen Film dieser Größenordnung eigentlich ausklingen lassen kann. Das größte Manko des Films ist, dass man einfach nicht mitfiebert. Während Idris Elba unter der Maske nicht zu erkennen ist und somit wenig bis gar kein Charisma versprüht (hier wünscht man sich sofort Benedict Cumberbatchs Figur zurück), klappt für die Helden der Enterprise nach der Notlandung eigentlich alles wie am Schnürchen. Ein bisschen hier geschraubt, ein wenig dort gebastelt, und schon läuft alles nach Plan. Rückschläge oder gar Todesgefahr gibt es nicht, und dieses Gefühl der Pragmatik transportiert sich leider filterlos auf den Zuschauer, der bar jedweder emotionalen Regung einfach nur noch lethargisch guckt, statt aufwühlend erlebt. Herausgerissen wird man hiervon durch harmloses, aber dennoch ganz amüsantes Scharmützeln zwischen Spock und Pille und die wenigen ergreifenden Momente, wenn an den verstorbenen „Ur-Spock“ Leonard Nimoy gedacht wird. Letzteres allerdings wirkt in dem Film ein bisschen wie ein Fremdkörper und hinterlässt den bitteren Beigeschmack des „nachträglich Eingefügten“.

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Ebenso ist es die nur der Dramatik der Wirklichkeit zuzuschreiben, dass die Szenen mit dem kürzlich tragisch ums Leben gekommenen Anton Yelchin (spielt den russischen Steuermann Chekov) so elegisch wirken. Dass Enterprise-Pilot Sulu im Film als homosexuell geoutet wird, hat bereits im Vorfeld für einen lauten Aufschrei und lauter virtuellen Stürmen in Wassergläsern geführt (auch Shitstorms genannt^^). Im fertigen Film ist es eine nette Randnotiz und wird professionell, also nicht bloßstellend, sondern liebevoll, integriert und hat mehr Herz als der ganze restliche Streifen. Die einzige Figur, die wirklich durchgehend Spaß macht, ist die der Alien-Kriegerin Jaylah, deren Figur durch den Verlust der Familie zumindest ein bisschen emotional aufgeladen ist und die mit ihrer sympathisch einfachen Naivität beinahe jedem die Show stiehlt. Der Charakter wurde übrigens nach dem Vorbild von Jennifer Lawrence in WINTER‘S BONE erschaffen, was ihm bei den Dreharbeiten den Namen „Jennifer Lawrence in Winter’s Bone“ einbrachte, der später zu J-Law abgekürzt wurde und schlussendlich in Jaylah mündete.

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In STAR TREK BEYOND ist alles nach Schema F, die Figurenkonstellation ist profan in Schwarz-Weiß-Malerei gehalten, in der es keinerlei Überraschungen gibt und in der sogar der finale Twist keinen augenöffnenden „Aha-Effekt“, sondern lediglich ein gelangweiltes Gähnen ob so wenig Kreativität auslöst. Hätte man sich mehr Kreaturen-Vielfalt und visuelle Extravaganz bei der Planeten-Darstellung getraut, die Figuren ambivalenter gestrickt, den Spannungsbogen mit kleinen perfiden Momenten versehen, statt ihn einfach glatt zu bügeln, dann wäre hier weitaus mehr drin gewesen als eine gefühlt aufgeblasene TV-Episode. So allerdings bleibt der Film ohne Nachhaltigkeit, und man hat ihn ganz schnell wieder vergessen. Als Allegorie dafür, dass man sich in den kommenden Sequels in allen Bereichen des neu begonnenen Franchises wieder etwas mehr Mühe gibt, schließe ich mit den Worten Hermann Hesses:

„Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde.“

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COMEDYSTAR UND DEADLINE-KOLUMNIST HENNES BENDER MEINT:

 

STAR TREK BEYOND kann man wohl getrost als den gelungensten der drei bisherigen „neuen“ STAR TREK-Filme unter dem Banner von Bad Robot bezeichnen. Und das liegt dann auch nur bedingt an der Abwesenheit von J. J. Abrams auf dem Regiestuhl. War Teil 1 noch von der Einführung der neuen Crew geprägt, so versuchte INTO DARKNESS etwas verkrampft, es allen recht zu machen, was dann auch nur bedingt gelang, wobei vor allem das ursprüngliche STAR TREK-Feeling auf der Strecke blieb. BEYOND ist eine Besinnung auf eigentliche TREK-Themen von Schöpfer Gene Roddenberry und spielt endlich den größten TREK-Trumpf aus: die Interaktion und die Chemie der Crew der Enterprise. So sind zum Beispiel die Frotzeleien zwischen Spock und Pille pures Comedygold. Man merkt, dass mit „Scotty“ Simon Pegg als echter Nerd und Fan das Drehbuch mitgeschrieben hat. Auch dass Regisseur Justin Lin ein echter Trekkie ist, scheint durch, allerdings merkt man auch, dass er bis dato Filme wie FAST AND FURIOUS geliefert hat, was darin gipfelt, dass vor allem die Actionsequenzen oft ziemlich unübersichtlich inszeniert und auf möglichst viel Effekt ausgelegt sind. Vor allem in 3D dürften einigen zartbesaiteten Zuschauern die ständigen Gravitationsverschiebungen derbe Schwindelgefühle bereiten, sogar bis in den Abspann.

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Aber am Ende werden nicht nur Hardcore-Trekkies die eine oder andere Träne verkneifen müssen. Es mag zwar hochgegriffen klingen, aber: BEYOND könnte für STAR TREK das sein, was THE FORCE AWAKENS für ein anderes, ähnlich beliebtes Franchise bedeutet: den Sprung ins 21. Jahrhundert!

 

Das Reboot eines Reboots!

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STAR TREK: BEYOND – DAS PRO- UND KONTRA-REVIEW

Regie: Justin Lin / USA 2016 / 120 Min.

Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Karl Urban, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin, Idris Elba, Sofia Boutella

Produktion: J. J. Abrams

Verleih: Paramount

Freigabe: FSK 12

Start: 21.07.2016