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Regie: John Krasinski / USA 2018 / 90 Min.

Darsteller: John Krasinski, Emily Blunt, Noah Jupe, Millicent Simmonds, Cade Woodward, Leon Russom, Doris McCarthy

Produktion: Michael Bay, Andrew Form, Bradley Fuller

Freigabe: FSK 16

Verleih: Paramount

Start: 12.04.2018

 

In unserem Alltag voll von Baustellen, klingelnden Telefonen und scheinbar endloser Radiobeschallung kann Stille ein ziemlich wertvolles Gut sein. In John Krasinskis (DIE HOLLARS – EINE WAHNSINNSFAMILIE) Endzeitszenario A QUIET PLACE ist sie die einzige Überlebenschance für die wenigen noch existierenden Menschen.

Das gilt auch für die (anfangs) fünfköpfige Familie um Vater Lee (John Krasinski) und seine Frau Evelyn (Emily Blunt). Sie setzen alles daran, ihre Kinder (Millicent Simmons und Noah Jupe) vor den blinden, aber extrem hellhörigen Monstern zu schützen, verständigen sich größtenteils mit Gebärdensprache und laufen sogar auf vorher ausgestreutem Sand, um die Geräusche ihrer Schritte zu dämpfen. Die Exposition verdeutlicht uns dann auch ziemlich schonungslos den Ernst der Lage: Nur ein unbedachter Moment oder ein unbeabsichtigtes Geräusch reichen aus, um die Aufmerksamkeit der Monster zu erregen – mit verheerenden Konsequenzen für Leib und Leben. Über ein Jahr nach Beginn der Invasion sieht die junge Familie sich vor eine neue Herausforderung gestellt, denn Evelyn wird schon bald ein Kind zur Welt bringen.

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Durch seinen Fokus auf Stille ist John Krasinski, der eigentlich eher aus der Comedy-Ecke kommt, ein sehr intensiver und atmosphärischer Ausflug ins Genrekino gelungen. Die Abwesenheit von Tönen über weite Strecken der Laufzeit führt zu einer elektrisch aufgeladenen Anspannung, die sich in jedem noch so kleinen Geräusch entladen kann und unweigerlich für gebannte und am Kinosessel festgeklammerte Zuschauer sorgt. Einen Griff in die Popcorntüte dürften die meisten Kinobesucher sich da zweimal überlegen. Und das ist im Hinblick auf das eigentlich eher ruhige Erzähltempo umso erstaunlicher. A QUIET PLACE scheut sich nicht vor einer ausführlichen Exposition, die uns die Figuren und ihre Lebensumstände näherbringt. Wir spüren die emotionale Verbundenheit der Familienmitglieder miteinander, ihren Überlebenswillen und Zusammenhalt, aber auch die unausgesprochenen Ängste und Konflikte jedes Einzelnen. Teilweise sehen wir sie auch in scheinbar alltäglichen Szenen, die uns ihre dramatische Situation kurzzeitig vergessen lassen. So beobachten wir Evelyn mit ihrem Sohn beim Lernen oder die Kinder bei einer Partie „Mensch ärgere dich nicht“. Doch die scheinbare Normalität bleibt stets fragil, und wir spüren, dass sie in dieser Welt keinen Bestand haben kann. Zusätzlich wird die allgegenwärtige Bedrohung mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen kontrastiert – auch das steigert die Intensität des Gesehenen erneut.

Positiv zu erwähnen ist auch die Detailverliebtheit des Drehbuchs. Hier haben sich die Autoren wirklich Gedanken gemacht, wie man im Alltag Geräusche so weit wie möglich eindämmen könnte, und präsentieren Lösungen für viele Situationen, die kreativ, aber dennoch realitätsnah sind.

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Angefangen bei Spielfiguren aus Filz über die bunte Beleuchtung, die den anderen Familienmitgliedern akute Gefahr mitteilen soll, bis hin zu den Vorkehrungen, die für die anstehende Geburt getroffen wurden. Das wirkt im Gegensatz zu vielen anderen Genrevertreten alles mal erfreulich durchdacht und sollte daher auch dementsprechend honoriert werden.

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Alles richtig macht der Film ebenso mit der Zeichnung und Besetzung seiner Hauptfiguren, die – bis auf eine kleine Ausnahme – auch die einzigen Menschen sind, die wir zu Gesicht bekommen. Allen voran ist hier John Krasinskis Ehefrau Emily Blunt zu nennen, die wirklich alle Facetten ihrer Figur virtuos ausspielt. Nicht minder beeindruckend ist die Performance der beiden Kinderdarsteller Noah Jupe und Millicent Simmons, die nicht nur glaubhaft Geschwister verkörpern, sondern auch ohne Worte unglaublich viel mitteilen.

Leider gelingt es dem Film dann aber nicht, die intensiv und effektiv aufgebaute Atmosphäre bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Der Einsatz des Scores (Marco Beltrami) wird zum Ende hin unnötig konventionell. Das ist vor allem deshalb schade, weil A QUIET PLACE zu Beginn bereits mehrfach gezeigt hat, wie intensiv die Wirkung der reduzierten, stillen Szenen ist. Zu oft und gefühlt auch zu früh dürfen sich dann die alienesken Monster in voller Pracht dem Zuschauer präsentieren. Wie viel effektiver es manchmal doch wäre, nur einzelne Gliedmaßen oder Close-ups zu zeigen. Hier wird die Kamera dann aber ziemlich gnadenlos draufgehalten und macht die zuvor so realistische und angsteinflößende Atmosphäre teilweise wieder zunichte. Über die Originalität und Qualität des Creature Designs lässt sich sicherlich streiten, dem geübten Blick eines Genrezuschauers dürften die possierlichen Tierchen aber nur bedingt standhalten, zumindest in der Interaktion mit ihren menschlichen Gegenspielern.

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Trotz leichter Mängel in der zweiten Hälfte bleibt A QUIET PLACE eine hochkarätige und perfekt besetzte Alternative zum heute weitverbreiteten „Hauptsache laut und spektakulär“-Kino und ist ein emotionaler wie effizienter Genrebeitrag, der so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird.

(Laura Freialdenhoven)

 

Stille Wasser sind tief

 

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